Die Schauspielerin mit der rauchigen Stimme wird gerne als Salondame, Prostituierte oder untreue Hausfrau besetzt – Ingrid van Bergen gehört seit einem halben Jahrhundert zu den renommiertesten deutschsprachigen Schauspielerinnen. Trotz Höhen und Tiefen in ihrem Leben hat sie sich stets wieder aufgerappelt und ist auch auf der Theaterbühne eine viel gefragte Darstellerin
Ingrid van Bergen kommt am 15. Juni 1931 als Tochter eines Lehrers in Danzig zur Welt. Ihre frühe Kindheit verbringt sie im ostpreußischen Masuren. Schon mit zehn Jahren verliert sie ihren Vater, der in Russland als Soldat während des Zweiten Weltkrieges ums Leben kommt – darauf zieht sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern nach Zoppot, wo Ingrid van Bergen das Lyzeum besucht. In den Wirren der letzten Kriegstage flüchtet die Dreizehnjährige mit ihrer Mutter und drei Geschwistern vor dem russischen Vormarsch per Schiff über die Ostsee, welches durch einen Bombenangriff getroffen wird. Die Familie kann gerettet werden und wird in einem dänischen Lager interniert.
Mit einem Sammeltransport gelangt Ingrid van Bergen ins württembergische Reutlingen. Dort macht sie ihr Abitur und verwirklicht ihren lang gehegten Traum, Schauspielerin zu werden. Trotz finanzieller Schwierigkeiten lässt sie sich in Hamburg an der Staatlichen Schauspielschule einschreiben und hält sich unter anderem mit kleineren Model-Jobs über Wasser. Ihre Karriere beginnt 1953 in München im Kabarett „Die kleinen Fische“, das sie mitbegründet und wo die angehende Schauspielerin fünf Jahre lang ihr Handwerk lernt. Später ist sie auch als Kabarettistin in Hamburg in der Kleinen Komödie und im Rendezvous tätig, außerdem gehört sie kurze Zeit dem bekannten Berliner Kabarett „Die Stachelschweine“ an.
Schon 1954 wird Ingrid van Bergen von Helmut Käutner für den Film entdeckt – zunächst spielt sie nur kleinere Nebenrollen, dann gelingt ihr in „Bildnis einer Unbekannten“ der Durchbruch. Ein Jahr später spielt sie die Rolle der Lyra Schöppke in der Zuckmayer-Verfilmung „Des Teufels General“. 1958 wirkt sie als Evelyne in „Wir Wunderkinder“ mit. Mit ihrer Darstellung der Restaurantbesitzerin Lissy in Wolfgang Staudtes zeitkritischen Nachkriegsdrama „Rosen für den Staatsanwalt“ wird Ingrid van Bergen schließlich 1959 an der Seite von Walter Giller berühmt. Filme wie „Das kunstseidene Mädchen“ (1960), „Wir Kellerkinder“ (1960) und „Katz und Maus“ (1967) schließen sich an. Auch in internationalen Produktionen wird Ingrid van Bergen besetzt, wie in „Town Without Pity“ („Stadt ohne Mitleid“, 1961) mit Kirk Douglas oder in „Escape from East Berlin“ („Tunnel 28“, 1962) mit Don Murray. Sie spielt an der Seite von Stars wie Robert Mitchum, William Holden und Giulietta Masina. Neben ihrer Filmtätigkeit ist das Theater ein wichtiger Aspekt in ihrem Leben.
1977 wird Ingrid van Bergen wegen Totschlags zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Ihr wird vorgeworfen, ihren Liebhaber im Affekt in einer Villa am Starnberger See erschossen zu haben. Der Prozess löst einen beispiellosen Medienrummel aus – nach fünf Jahren verbüßter Haft im Frauengefängnis Aichach in Bayern wird die Schauspielerin wegen guter Führung 1982 vorzeitig entlassen.
Danach fällt es Ingrid van Bergen schwer, an ihre alte Schauspielkarriere anzuknüpfen. Doch schon bald bekommt sie wieder Rollenangebote und man kann sie in beliebten Fernsehserien wie in „Die Losbergs“, „Unser Lehrer Doktor Specht “ und „Pfarrer Braun“ sowie in den Krimi-Reihen „Tatort“ und „Derrick“ sehen. Auch in zahlreichen Fernsehfilmen spielt sie tragende Nebenrollen.
Neben ihrer Arbeit für Film und Fernsehen gibt Ingrid van Bergen Chansonabende und Lesungen, spielt an Theatern in Berlin, München und Düsseldorf und ist für Hörbuchproduktionen tätig.
In der TV-Sendereihe „Kratzbürsten – Lust und Frust im reifen Alter“ spricht Ingrid van Bergen 2007 zusammen mit Renate Schmidt, Hannelore Hoger, Jutta Speidel, Katja Ebstein und weiteren Frauen über das Älterwerden.
2005 bis 2008 gehört Ingrid van Bergen zum festen Ensemble der Störtebeker-Festspiele auf Rügen. 2005 spielt sie im Einpersonen-Theaterstück „Die Klatschmohnfrau“ eine Paraderolle, ebenfalls im Berliner Schlosspark-Theater kann man Ingrid van Bergen 2010 in „Die Nadel der Kleopatra“ sehen.
Ingrid van Bergen lebt in Eyendorf in der Lüneburger Heide.