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Jussi Björling

Der zurückhaltende und scheue Schwede gilt als einer der führenden Tenöre des zwanzigsten Jahrhunderts und bleibt den deutschen Opernfreunden zu Lebzeiten doch weitgehend unbekannt – mit seiner ausgeglichenen, klangschönen und legendär schallkräftigen Stimme wird Jussi Björling auch häufig als „Skandinavischer Caruso“ bezeichnet

Jussi Björling kommt als Johan Jonatan Björling am 2. Februar 1911 im mittelschwedischen Borlänge zur Welt – seinen Kosenamen „Jussi“ erhält er von seiner finnischen Großmutter. Er wächst mit drei Brüdern in der schwedischen Provinz auf, seine Mutter stirbt, als er sechs Jahre alt ist. Sein Vater David Björling – der früh seine stimmliche Begabung fördert – reist mit seinen Söhnen zwischen 1919 und 1921 durch die USA, wo die Familie vor schwedischen Auswanderern singt. In New York entstehen 1920 erste Aufnahmen, auf denen Jussi Björlings Knabensopran zu hören ist.

Nach dem Tod des Vaters 1926 löst sich das Quartett auf und der fünfzehnjährige Jussi Björling nimmt eine Stelle als Verkäufer in einem Haushaltswaren-Geschäft an, nebenher verdient er sich mit gelegentlichen Gesangauftritten etwas Geld dazu. 1928 bekommt er die Möglichkeit, am Stockholmer Konservatorium vorzusingen und wird sofort angenommen – sein Lehrer ist John Forsell.

Seinen ersten Auftritt als professioneller Opernsänger hat Jussi Björling 1930 in „Manon Lescaut“, sein offizielles Debüt gibt er wenig später als Don Ottavio in „Don Giovanni“. 1931 singt er im Kopenhagener Tivoli und ab 1934 tritt er jahrelang bei Open-Air-Veranstaltungen in den Stockholmer Vergnügungsparks Gröna Lund und Skansen auf.

Die internationale Laufbahn von Jussi Björling beginnt 1936 an der Wiener Staatsoper, 1937 folgt eine längere Tour durch Mitteleuropa und ein Jahr später ist er erstmals als Tenor in der New Yorker „Carnegie Hall“ zu hören. 1938 gibt Jussi Björling dort an der Metropolitan Opera sein Debüt als Rodolfo in „La Bohème“ – danach ist er mehr als zwei Dekaden lang einer der führenden Tenöre der „Met“.

In europäischen Opernhäusern bleiben Jussi Björlings Auftritte – abgesehen von seinen Stockholmer Auftritten – eine Ausnahme. In Deutschland singt er nach dem Zweiten Weltkrieg nur 1950 in Berlin in einer RIAS-Sendung und 1954 in Stuttgart in „La Bohème“.

Gegen Ende der fünfziger Jahre muss Jussi Björling aus gesundheitlichen Gründen immer häufiger auf Auftritte verzichten – Aufnahmen aus dieser Zeit lassen ein Nachlassen der Stimmqualität erkennen. Offiziell wird dies mit einer Herzerkrankung begründet, in Wahrheit greift der stets von Selbstzweifeln geplagte Jussi Björling – auch um dem enormen Erwartungsdruck durch das Publikum standzuhalten – in zunehmendem Maße zum Alkohol.

1959 tritt Jussi Björling das letzte Mal an der New Yorker „Met“ in der „Cavalleria rusticana“ auf, Anfang 1960 singt er sichtlich erholt an der Königlichen Oper zu Stockholm den „Manrico“ in Verdis „Troubadour“. Im Sommer des selben Jahres gibt Jussi Björling in Schweden wieder die von großen Menschenmengen besuchten öffentlichen Konzerte, wobei er sich gesundheitlich übernimmt und sich diesmal endgültig zurückziehen muss. Der Sänger stirbt am 9. September 1960 mit neunundvierzig Jahren auf Siarö in der schwedischen Gemeinde Österåker an den Folgen eines Herzanfalls.

Der Werdegang von Jussi Björling wird von seiner 2006 verstorbenen Witwe Anna-Lisa in der Biografie „Jussi“ beschrieben.

Nach seinem Tod richtet Jussi Björlings schwedische Heimatstadt Borlänge ihrem berühmtesten Sohn ein Museum ein.

Insgesamt absolviert Jussi Björling über zweitausend öffentliche Auftritte, er singt in über neunhundert Opernvorstellungen rund fünfundfünfzig Partien. Sein Werk ist auf zahlreichen Schallplatten und CDs hervorragend dokumentiert.

In Deutschland bleibt Jussi Björling zu Lebzeiten weitgehend unbekannt – das deutsche Publikum bevorzugt in jener Zeit Sänger wie Mario del Monaco und Giuseppe Di Stefano, die italienisches Temperament verkörpern, einem Skandinavier traut man italienische Gesangskunst nicht zu. Jussi Björling erfährt erst nach seinem Tode die Würdigung, die er in den angelsächsischen Ländern bereits zu Lebzeiten hat – vor allem in den USA wird er uneingeschränkt anerkannt und geschätzt.