In Rollen intellektueller, scheuer und zwiespältiger Charaktere brilliert Jean-Louis Trintignant knapp fünf Dekaden lang in zahlreichen französischen und italienischen Filmproduktionen – er zählt zu den berühmtesten Schauspielern seines Heimatlandes und wird für seine Arbeit mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt
Jean-Louis Trintignant wird am 11. Dezember 1930 im südfranzösischen Piolenc im Departement Vaucluse als Spross einer provenzalischen Industriellenfamilie geboren. Er wächst in wohlhabenden Verhältnissen auf und besucht das Gymnasium in Avignon. Zunächst will er wie sein Onkel Maurice Trintignant Rennfahrer werden, aber nach dem Abitur schreibt er sich in Aix-en-Provence für ein Jurastudium ein – gleichzeitig verfolgt er eine Schauspielerkarriere. „Ich war das Opfer meiner fast krankhaften Schüchternheit“bekennt er einmal. „Um sie zu verlieren, wählte ich den Beruf des Schauspielers. lch hoffte, ich würde etwas lockerer werden.“ Er nimmt bei Charles Dullin und Tanja Balachowa Unterricht und beginnt bald als jugendlicher Held in klassischen und modernen Stücken. 1951 hat er seinen ersten Auftritt mit der Compagnie Raymond Hermantier in Jean Mogins „Chacun selon sa faim“, danach als Mortimer in Schillers „Maria Stuart“. Schon ein Jahr später spielt er an der Comédie St. Etienne den Macbeth. 1953 ist er bei einer Tournee durch die französische Provinz mit „Britannicus“ und „Don Juan“ dabei, anschließend folgt seine erste größere Rolle in Paris – „Responsabilité limitée“ von Robert Hossein.
Schon bald wird der Film auf Jean-Louis Trintignant aufmerksam – 1956 verpflichtet ihn der Regisseur Roger Vadim für den Film „Et Dieu… créa la femme“ („Und immer lockt das Weib“), in dem der Schauspieler nicht nur als geduldiger Ehemann einer Femme fatale überzeugt – er beginnt auch ein Verhältnis mit der Hauptdarstellerin Brigitte Bardot, die damals mit Roger Vadim verheiratet ist. Die Liaison sorgt für so viel Aufsehen, dass Jean-Louis Trintignant sich freiwillig zur Armee meldet, um dem Presserummel zu entgehen.
Danach folgen Filme wie „Il sorpasso“ („Verliebt in scharfe Kurven“, 1962) mit Vittorio Gassman, „Compartiment tueurs“ („Mord im Fahrpreis inbegriffen“, 1965) mit Yves Montand, „Un homme et une femme“ („Ein Mann und eine Frau“, 1966) neben Anouk Aimée, „Paris brûle-t-il?“ („Brennt Paris?“, 1966) neben Jean-Paul Belmondo, Charles Boyer, Kirk Douglas, Alain Delon und Jean-Pierre Cassel, „Les Biches“ („Zwei Freundinnen“, 1968) mit Stéphane Audran, „Il grande silenzio“ („Leichen pflastern seinen Weg“) mit Klaus Kinski, „Il conformista“ („Der große Irrtum“, 1970), „Le mouton enragé“ („Das wilde Schaf“, 1975) mit Romy Schneider, „L’agression“ („Die Entfesselten“, 1975) neben Catherine Deneuve, „L’argent des autres“ („Das Geld der anderen“, 1978) mit Catherine Deneuve und Michel Serrault, „La terrazza“ („Die Terrasse“, 1980) mit Marcello Mastroianni und Ugo Tognazzi, „Je vous aime“ („Die Männer, die ich liebte“, 1980) neben Gérard Depardieu und Serge Gainsbourg, „Vivement dimanche!“ („Auf Liebe und Tod“, 1983) mit Fanny Ardant, „Partir revenir“ („Weggehen und Wiederkommen“, 1985) mit Annie Girardot und Michel Piccoli, „Rendez-vous“ (1985) mit Juliette Binoche, „L’été prochain“ („Die Familienpyramide“, 1985) mit Philippe Noiret und Claudia Cardinale, „La cité des enfants perdus“ („Die Stadt der verlorenen Kinder“, 1995) neben Ron Perlman und „Un héros très discret“ („Das Leben: Eine Lüge“, 1996) an der Seite von Mathieu Kassovitz.
Nach einer kurzen Ehe mit der Schauspielerin Stéphane Audran ist Jean-Louis Trintignant mit der Regisseurin Nadine Trintignant verheiratet – mit ihr hat er drei Kinder. 2003 wird seine Tochter – die Schauspielerin Marie Trintignant – von ihrem alkoholisierten Freund im Streit erschlagen.
Zu Beginn des neuen Jahrhunderts kündigt Jean-Louis Trintignant an, sich vom Film zurückzuziehen – hin und wieder ist er in seiner Heimat noch auf der Theaterbühne zu sehen. 2012 sieht man ihn in einer Altersrolle neben Emmanuelle Riva und Isabelle Huppert in Michael Hanekes Drama „Liebe“ („Amour“).