Mehr als vier Jahrzehnte lang ist Enrico Macias einer der erfolgreichsten französischen Sänger – mit seinen jüdisch-arabisch-andalusischen Interpretationen feiert er enorme Triumphe. Er singt in ausverkauften Konzerthallen, verkauft Millionen von Platten und setzt sich in seinen zahlreichen Liedern für Gleichberechtigung und Völkerverständigung ein
Enrico Macias wird als Gaston Ghrenassia am 11. Dezember 1938 im algerischen Constantine in eine jüdische Musikerfamilie hineingeboren. Sein Vater Sylvain Ghrenassia ist Violinist im Orchester der „Cheick Raymond Leyris“, wo der junge Gaston bald auch mitsingt. Mit dem Berufswunsch des Lehrers studiert er und macht seinen Bachelor. Kurz vor dem Ende des algerischen Unabhängigkeitskrieges geht der Sänger 1961 mit seiner jungen Frau Suzy nach Frankreich und lässt sich zunächst in Argenteuil, dann in Paris nieder. Während der Überfahrt auf der „Ville d’Alger“ schreibt Enrico Macias sein Chanson „Adieu mon pays“, was sich später zu seinem ersten Hit entwickelt.
Unter dem Künstlernamen Enrico Macias tritt er anfangs in Cafès und Cabarets auf, wird mit seinen arabisch-jüdischen und arabisch-andalusischen Liedern schnell bekannt und erhält bald einen ersten Plattenvertrag. Als Vertreter der „Pied-Noires“ – algerisch-stämmige Franzosen – gibt er Millionen Landsleuten eine Stimme, die während der algerischen Unabhängigkeitsunruhen in einem Zwangs-Exodus ihre nordafrikanische Heimat verlassen müssen. Enrico Macias ist als Jude die Rückkehr nach Algerien durch den israelisch-arabischen Konflikt jahrelang versperrt. Zu Beginn des neuen Jahrhunderts wird er vom algerischen Staatspräsidenten Abdel Aziz Bouteflika eingeladen, eine französisch-algerische Versöhnungstournee zu machen – doch Islamisten durchkreuzen die Idee mit Morddrohungen gegen den populären Sänger, der sein Heimatland seit 1962 nicht mehr betreten hat.
1964 tritt Enrico Macias im Pariser Olympia auf und unternimmt eine Tournee durch den Libanon, Griechenland und die Türkei. 1965 erhält er den „Prix Vincent Scotto“, ein Jahr später singt er vor 120.000 Menschen im Moskauer Dinamo Stadium, gibt Konzerte in zahlreichen anderen Städten der Sowjetunion sowie in Japan. 1968 singt er in der ausverkauften New Yorker Carnegie Hall – auch in Chicago, Dallas, Los Angeles sowie in Kanada tritt er auf, Vorstellungen in der Londoner Royal Albert Hall und am New Yorker Broadway folgen. 1976 und 1978 gibt Enrico Macias zwei Konzerte in Israel und wird von Präsident Anwar El Sadat nach Ägypten eingeladen, wo er zu Füßen der Pyramiden vor 20.000 Menschen singt.
Zu den größten Hits von Enrico Macias gehören „Zingarella“, „Quelle nuit“, „J’ai quitté mon pays“, „Les filles de mon pays“, „L’Orientale“, „Entre l’orient et l’occident“, „Aimez-vous les uns les autres“, „Constantine“, „Les gens du nord“, „Paris, tu m’as pris dans tes bras“, „Poi, poi, poi“, „Solenzara“ und „Non je n’ai pas oublié“. Er singt seine Lieder in französischer, italienischer, spanischer, hebräischer, griechischer, armenischer und arabischer Sprache sowie in diversen Dialekten.
Nachdem es in den letzten Jahren um Enrico Macias etwas ruhiger wird, veröffentlicht er 2003 das Album „Oranges Amères“ und feiert damit ein erstaunliches Comeback. Für sein aktuelles Album versammelt der Sänger junge französische Musiker um sich – auf „La Vie populaire“ ist erneut arabisch-andalusischer Einfluss zu hören – Enrico Macias begeistert damit eine neue Generation von Musikfreunden.