Sie steht jahrelang auf den großen Bühnen des Landes und ist als lebenslustige Frau oder kokettes Mädchen mit praktischen Alltagsverstand in zahlreichen Stumm- und Tonfilmen zu sehen – in den dreißiger und fünfziger Jahren gehört Camilla Spira zu den populärsten Schauspielerinnen Deutschlands
Camilla Spira kommt am 1. März 1906 als Tochter des jüdischen Schauspielers und Filmpioniers Fritz Spira und der Bühnen-Schauspielerin Lotte Spira-Andresen in Hamburg zur Welt, wo sie mit ihrer jüngeren Schwester Steffie Spira aufwächst. Ihr Vater wird 1943 in einem jugoslawischen Konzentrationslager von den Nationalsozialisten ermordet.
Nach dem Umzug ihrer Familie nach Berlin besucht die erst dreizehnjährige Camilla Spira Max Reinhardts Schauspielschule am Deutschen Theaters in Berlin, 1932 startet sie ihre Bühnenkarriere am Wallner-Theater und am Deutschen Künstlertheater in Berlin – zwischendurch hat sie ein kurzes Engagement am Wiener Theater in der Josefstadt.
1924 gibt Camilla Spira im Stummfilm „Mutter und Sohn“ ihr Kameradebüt, es folgen Filme wie „Das Herz am Rhein“ (1925), „Mein Leopold“ (1931), die Hermann Löns-Verfilmung „Grün ist die Heide“ (1932), „Gehetzte Menschen“ (1932), „Morgenrot“ (1933), „Das Testament des Dr. Mabuse“ (1933) und „Sprung in den Abgrund“ (1933) – wegen ihrer angenehmen Stimme ist die Umstellung von Stumm- zum Tonfilm für ihre Karriere eher förderlich, vorwiegend wird sie in Rollen des sauberen und fröhlichen deutschen Mädels besetzt. Auf der Theaterbühne feiert sie mit dem Singspiel „Im weißen Rössl“ 1930 einen großen Erfolg.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten endet die vielversprechende Karriere von Camilla Spira abrupt – als Halbjüdin erhält sie keine Rollenangebote mehr und kann in Berlin fortan nur noch vor ausschließlich jüdischem Publikum auftreten. Mit ihrem Ehemann – dem Rechtsanwalt Hermann Eisner – und den beiden Kindern flüchtet sie 1938 nach Amsterdam, wo sie jedoch von den deutschen Besatzern bald aufgegriffen wird und ins niederländische Durchgangslager Westerbork gebracht wird, wo sie die Gefangenen mit Kabarett-Programmen unterhält. Einer Deportation nach Auschwitz entgeht Camilla Spira, indem sie vorgibt nicht die Tochter des Juden Fritz Spira, sondern eines arischen Liebhabers ihrer Mutter zu sein. Bis zum Ende des Krieges lebt Camilla Spira mit ihrer Familie in der niederländischen Hauptstadt und kehrt 1947 nach Berlin zurück, wo sie sich im Westen der Stadt niederlässt.
Relativ mühelos gelingt es Camilla Spira nach dem Krieg ihre unterbrochene Karriere fortzusetzen – in Berlin erhält sie Theaterengagements am „Hebbel-Theater“ und an der „Staatlichen Schauspielbühne“ und ist in Filmproduktionen wie „Die Buntkarierten“ (1949), „Semmelweis – Retter der Mütter“ (1950), „Epilog – Das Geheimnis der Orplid“ (1950), „Die lustigen Weiber von Windsor“ (1950) neben Sonja Ziemann, „Der fröhliche Weinberg“ (1952) mit Gustav Knuth, „Pension Schöller“ (1952), „Drei Tage Angst“ (1952) neben Cornelia Froboess, „Emil und die Detektive“ (1954), „Des Teufels General“ (1955) an der Seite von Curd Jürgens und Marianne Koch, „Der letzte Mann“ (1955) neben Hans Albers und Romy Schneider, „Vatertag“ (1955) mit Grethe Weiser, „Himmel ohne Sterne“ (1955) mit Horst Buchholz und Georg Thomalla, „Der tolle Bomberg“ (1957) an der Seite von Hans Albers, Marion Michael und Harald Juhnke, „Freddy, die Gitarre und das Meer“ (1959) mit Freddie Quinn, „Der Czardas-König“ (1958), „Vater, Mutter und neun Kinder“ (1958) neben Heinz Erhardt, „Rosen für den Staatsanwalt“ (1959) mit Walter Giller und Ingrid van Bergen, „Das Mädchen und der Staatsanwalt“ (1962) neben Götz George und Elke Sommer und „Piccadilly null Uhr zwölf“ (1963) zu sehen.
Ab Mitte der sechziger Jahre wirkt Camilla Spira vermehrt in TV-Produktionen mit – unter anderem spielt sie in „Affäre Blum“ (1962), in „Großer Mann, was nun?“ (1967) und in „Die Powenzbande“ (1973). Einen ihrer letzten Auftritte hat Camilla Spira 1986 im TV-Spiel „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ (1986).
Camilla Spiras Schwester Steffie Spira war ebenfalls Schauspielerin. 1991 entsteht der zweiteilige biografische Dokumentarfilm über die Spira-Schwestern „So wie es ist, bleibt es nicht. Die Geschichte von Camilla und Steffie Spira“.
Camilla Spira stirbt am 26. August 1997 im Alter von einundneunzig Jahren in Berlin – sie wird unweit ihrer Wohnung auf dem Berliner Waldfriedhof Dahlem an der Seite ihres Mannes beigesetzt.