Als naive Kindfrau mit Schmollmund ist sie der Kultstar einer ganzen Generation, sie weiß ihren Ruhm mit Skandalen zu fördern und lange Zeit stehen ihre Initialen für gut proportionierte weibliche Formen – Brigitte Bardot ist als verführerische Männerfantasie eine der am häufigsten fotografierten Frauen der fünfziger und sechziger Jahre und heute eine der großen Legenden des europäischen Kinos
Brigitte Bardot wird am 28. September 1934 als Brigitte Anne-Marie Bardot in Paris geboren – ihre Eltern sind Anne-Marie Mucel und Louis Bardot, ein Industrieller aus Lothringen. Während des Zweiten Weltkrieges wohnt die Familie in einem Appartement in der Pariser Rue de la Pompe. Brigitte Bardot startet ihre Karriere mit fünfzehn Jahren als Hut-Model – das Mädchen aus gutem Hause erscheint 1949 das erste Mal auf dem Cover der „Elle“ – sie trägt einen grünen Mantel, ihre offenen Lippen, die zu ihrem Markenzeichen werden, sind selbstredend knallrot und der herausfordernde Blick scheint die Revolution anzukündigen, die sie verkörpern wird. Innerhalb kurzer Zeit wird Brigitte Bardot zu einem der meistgefragten Mannequins von Paris.
Regisseur Marc Allégret entdeckt Brigitte Bardot für den Film – er schickt seinen damaligen Assistenten Roger Vadim in ihr Elternhaus, welcher sofort ihr Potential erahnt. Brigitte Bardot beginnt eine Liebesaffäre mit Roger Vadim und statt in die Schule zu gehen besucht sie ihren Liebhaber zu Hause. Ihr Vater, ein ehemaliger Offizier und Verehrer der Fremdenlegion, ist von solchen Eskapaden überhaupt nicht begeistert und verprügelt seine Tochter brutal – Brigitte Bardot begeht ihren ersten Selbstmordversuch mit sechzehn, weitere werden folgen. Roger Vadim wird daraufhin drei Jahre warten, bevor er Brigitte Bardot – nun endlich achtzehnjährig – am 20. Dezember 1952 ehelichen kann. Brigitte Bardot wird zu Vadims Protegée und der treibt ihre Karriere nicht uneigennützig voran.
„Du bist eines Tages der unerfüllbare Traum eines jeden Mannes“ sagt Roger Vadim zu ihr und nach einem winzigen Auftritt in dem von Daniel Gélin inszenierten Film „Von Sensationen gehetzt“ folgt eine größere Rolle im belanglosen Streifen „Le portrait de son père“. Danach gelingt es Roger Vadim, seiner Frau eine kleine Rolle in „Ein Akt der Liebe“ – in dem Weltstar Kirk Douglas die Hauptrolle spielt – zu vermitteln. Als Kirk Douglas später den Film in Cannes präsentiert, gelingt es Roger Vadim, dass seine Frau ständig an seiner Seite zu sehen ist. Bei einer Fotosession zeigt sich Brigitte Bardot in einem engen Kleid und die Fotografen wollen Kirk Douglas nur fotografieren, wenn Brigitte Bardot an seiner Seite steht.
Es folgen weniger beachtenswerte Filme wie „Versailles – König und Frauen“, in dem Brigitte Bardot lediglich eine Kurtisane mimt, „Verrat“, die US-Produktion „Die schöne Helena/ Der Untergang von Troja“, der Abenteuer-Streifen „Dunkelroter Venusstern“ und unter der Regie ihres eigentlichen Entdeckers Marc Allégret „Reif auf jungen Blüten“, der auch eine Nacktszene – in ihrer Wohnung badend – beinhaltet. Dieser Film, der sie in einer Hauptrolle an der Seite von Jean Marais präsentiert, bringt ihr eine Rolle in der britischen Produktion „Dr. Ahoi“ mit Dirk Bogarde ein. Hier verhüllt ein Duschvorhang noch das, was alle Welt sehen will. Nachdem das Projekt „Die roten Teufel“ von Leni Riefenstahl nicht zustande kommt, folgen 1955 Renè Clairs „Das große Manöver“, „Gier nach Liebe“ und „Pariser Luft“. 1956 erscheint der Kostüm-Streifen „Neros tolle Nächte“, in dem sie die Rolle von Neros Geliebten Poppea übernimmt und in einer Badewanne in Eselsmilch für Furore sorgt.
1952 dreht Brigite Bardot unter der Regie von Jean Boyer „Le Trou Normand“ – zunächst noch dunkelblond und züchtig. Doch schon im Jahr darauf enthüllt der Regisseur Willy Rozier das sinnliche Potenzial der Schauspielerin. Der Film „Liebesnächte mit Manina“ hält beinah, was das Plakat verspricht. Brigitte Bardot wird zum cineastischen Inbegriff sexueller Freizügigkeit und weiblicher Selbstbestimmtheit – der Streifen kommt vor allem beim männlichen Publikum gut an. Danach folgt mit Allégrets „Ein Gänseblümchen wird entblättert“ – der Titel offeriert etwas, das selbst in der Striptease-Szene nicht zu sehen ist, doch der eng anliegende Pullover offenbart als Blickfang pralle Reize.
Den internationalen Durchbruch feiert Brigitte Bardot dann in Roger Vadims erstem Film „Und immer lockt das Weib“ (1956) neben Curd Jürgens und Jean-Louis Trintignant – der Film, der auch in Amerika ein großer Erfolg wird, begründet den Mythos „BB“. In einer berühmten Szene des Films sieht man ihre nackte Silhouette hinter einem weißen Laken – für die damalige Zeit sehr gewagt. Nach diesem Film ernennen die Amerikaner Brigitte Bardot zum „Sexsymbol des Universums“.
Mit Filmen wie dem Gerichtsdrama „Die Wahrheit“ (1960) mit Sami Frey, „Die Verachtung“ (1963) mit Michel Piccoli und Jack Palance, und „Viva Maria!“ (1965) mit Jeanne Moreau beweist Brigitte Bardot ihre Begabung als Charakterschauspielerin. Sie beginnt – inzwischen mit dem zwei Jahre jüngeren Jacques Charrier verheiratet – mit ihrem Mythos als Sexsymbol aufzuräumen, obwohl die Streitereien mit ihrem Ehemann in der Skandal-Presse herumgereicht werden. 1960 wird ihr einziger Sohn Nicolas-Jacques Charrier geboren – er wächst bei den Großeltern auf und lebt heute in Norwegen.
Auf der Flucht vor Fotografen und Journalisten anlässlich ihres ersten Aufenthaltes in Rio de Janeiro lernt Brigitte Bardot 1964 das brasilianische Fischerdorf Búzios kennen – mehrfach kommt sie für längere Aufenthalte dorthin zurück.
Von 1966 bis 1969 ist Brigitte Bardot mit dem Industriellen-Erben und Fotografen Gunter Sachs verheiratet, den sie für Serge Gainsbourg verlässt. Dieser komponiert zahlreiche Lieder für sie – unter anderem „Harley Davidson“ (1967) und „Je t’aime… moi non plus“. Da Brigitte Bardot der Klassiker zu frivol ist, wird er mit Jane Birkin zum Welterfolg.
Dank Brigitte Bardot hat Sex-Appeal zwei Dekaden lang einen französischen Namen, zeitweise übersteigen die Auslandseinnahmen ihrer Filme die Exporterlöse der Renault-Werke. Trotzdem ist die Schauspielerin selten zufrieden: „Ich übernahm die Rolle eines wilden kleinen Mädchens, das sich auszieht. Ich besaß überhaupt keine Erfahrung. Es treibt mir die Schamröte ins Gesicht, wenn ich an meine filmischen Anfänge denke. Ich hatte einen schlechten Start – ein billiges kleines Starlet treibt sich in einem minderwertigen Film umher“ so die Schauspielerin. Auch viele Kritiker sind zunächst überhaupt nicht begeistert: „Brigitte Bardot ist nicht hübsch. Ihre Unterlippe ist zu dick. Sie hat keine schönen Augen und das Gesicht eines Dienstmädchens“ schreibt der eine, „ihr Spiel ist schlecht, ihre Diktion kläglich, die Rolle beklagenswert und ihre Schönheit nicht der Rede wert“ wettert ein Anderer. Brigitte Bardot gibt den Paparazzi Mitschuld am Chaos ihres Privatlebens – drei gescheiterte Ehen, ein Sohn, der beim Vater aufwächst und wechselnde, immer jüngere Liebhaber.
1974 entschließt sich die vierzigjährige Brigitte Bardot das Filmen für immer aufzugeben – auch ein Millionenangebot mit Marlon Brando zu drehen, lehnt sie ab. Seitdem verschreibt sie sich dem Tierschutz, kämpft gegen Walfang und Tiertransporte und gründet die „Stiftung zur Rettung der Tiere in aller Welt“. Seit den neunziger Jahren steht sie der französischen Rechten nahe und fällt mit menschenfeindlichen Ansichten über Muslime, illegale Einwanderer und Homosexuelle auf. Ihr Ehemann Bernard d’Ormale – mit dem sie seit 1992 verheiratet ist – ist ein führendes Mitglied des „Front national“. Mehrfach steht die Schauspielerin wegen Anstiftung zum Rassenhass vor Gericht.
Frankreich ehrt Brigitte Bardot, indem die Marianne – die Verkörperung der Grande Nation in Frauengestalt – nach ihren Zügen gestaltet wird.
Brigitte Bardot lebt heute zurückgezogen in ihrer Villa „La Madrague“ im südfranzösischen St. Tropez.